Advent, Advent, kein Kerzlein brennt (oder: das Kreuz mit der Bewegung)

Mittwoch 30.11.2005

Und wieder nach Guangzhou. Diesmal um einen neuen Reisepass zu beantragen.
Die erste Hürde, der Kauf der Bahnfahrkarte, habe ich lässig genommen, sogar den Stationsnamen in Chinesisch hingekriegt.
Die nächste Hürde (wo muss ich eigentlich aussteigen ?) brachte mich beinahe zu Fall.
Kaum in Guangzhou Ost angekommen, stürzen alle aus dem Zug. Auf dem Bahnsteig steht eine Bahnbedienstete und scheucht uns wieder in den Zug. Ich frag einige Mitreisende und zumindest die wenigen die mich verstehen, sagen wir müssen noch eine Station weiter fahren. Draussen erhebt sich derweil lautes Geschrei. Und plötzlich verlassen alle, die wieder in den Zug eingestiegen sind, diesen fluchtartig. Dabei werden Sie von der Bahnbediensteten (die gleiche die uns eben noch reingescheucht hat) zur Eile angetrieben. Mit knapper Not kam ich nach draussen bevor der Zug losfuhr.

Wie kommt man jetzt zum Konsulat ? Kein Problem. Von der Konsulats-website kann man sich ein Zettelchen downloaden und ausdrucken. Da drauf steht: Bitte fahren Sie mich nach .....
Das Zettelchen ist natürlich für die Taxifahrer gedacht. Hat einwandfrei funktioniert.
Ab in die SV meinen Passantrag abgegeben, wieder runtergesaust und neue Bilder machen lassen. Die alten werden ja nicht mehr akzeptiert. Wieder hochgesaust, Bilder abgegeben, 890RMB gelöhnt und mir sagen lassen, dass ich den Pass leider nicht in Dland abholen kann sondern wieder nach Guangzhou kommen muss.

Das ist weniger schön wegen fehlender freier Seiten im alten und wegen Visa und überhaupt. Aber ich kann ihn zum Glück auch abholen lassen. Dann muss Victor ran, nach GZ fahren, Pass holen und zu mir nach HK bringen. Hoffentlich ist der Pass auch rechtzeitig in China und kommt nicht erst Wochen nach mir an. Will gar nicht dran denken.

So, raus aus der SV, Taxi angehalten, dem Fahrer die Adresse vom Büro in die Hand gedrückt und einsteigen wollen.
Das wiederum war dem Fahrer nicht recht. Er hat heftig auf mich eingeredet und immer wieder in Fahrtrichtung gezeigt.
Sollte wohl heissen: “Ey Mann, das ist doch gleich da vorne. Lauf gefälligst.”
Ich erinnere mich aber genau wie Victor sagte, vom der SV zum Büro wären es ca. 10 Minuten mit dem Taxi (wenn kein Stau ist). Das ist eindeutig zu weit zu Fuß. Nächstes Taxi angehalten, gleiches Spiel. Also dann, ich glaub euch für diesmal.
Und so bin ich freudig losgestiefelt.

Nach 5 Minuten nix bekanntes gesehen und weitermarschiert. Nach zehn Minuten nix bekanntes gesehen und mal auf die Hausnummern geachtet. Ich muss zu Nr. 498 und war eben bei Nr. 317.
Ihr alten Taxifahrerschlingel ! Die hatten einfach nur kein Bock. War grade Mittagszeit.
Und so bin ich gelatscht und gelatscht. Hat deutlich über eine halbe Stunde gedauert. So was nennt man dann wohl eine “gesunde Mittagspause”. Glücklicher Mensch der ich bin hab ich unterwegs immerhin nen Starbucks gefunden und mir nen Riesenkaffee mitgenommen.
Und noch was: wie ich da so langgeh fehlt mir einfach was. Nach ein paar Minuten fällt der Groschen:
Die hupen nicht ! Das hab ich ja fast schon vermisst.
Ich vermute, dass die hier in der Innenstadt Hupverbot und drakonische Strafen für Hupeltäter haben.

Und noch was: nicht ganz sicher, dennoch ... wie ich da so langgeh schauen mich ein paar Leute komisch an, mein Rucksack wackelt, ich dreh mich um und seh n Haufen Leute direkt hinter mir. Denk mir nix böses.
Komm ins Bürohochhaus, spratelt ein junger Herr auf mich zu und meint der Rucksack wär offen.
Selbstverständlich habe ich den richtig zugemacht. So war des Wackeln vorhin wohl kein Anrempler sondern ein Versuch mich um mein geliebtes Inventar zu bringen. Glück gehabt, noch alles drin.

Nach ein wenig Überstunden mit dem Taxi zum Bahnhof gefahren, wohl eher gekrochen, war heftig viel Verkehr.
Ohne Probleme die Fahrkarte nach Shenzhen ergattert und losgedüst.
In SZ hab ich angesichts der späten Stunde ebenfalls ein Taxi gegönnt, was aber ein Fehler war.
Heftiger Stau, mit der U-Bahn wär ich schneller gewesen.

Fussmarschbedingt habe ich diesmal etwas mehr von der Stadt gesehen. Hat mich aber auch nicht berauscht, ne Stadt eben.
Ach ja, Weihnachtsdeko hab ich nur im Starbucks gesehen und sonst nix.

 

Samstag 03.12.2005

Der Simon hats endlich wahr gemacht. Wir gehen Bowling spielen (und Bier trinken (sagt Simon)).
Termin ist um 15:00. Ich hab die Adresse und Telefonnr. von dem Schuppen und weiss in etwa wo das ist.
Sollte mit dem Taxi nicht länger als 15 Minuten dauern, maximal.

Vorsichtshalber 20 vor drei losgezogen, komm aus dem Haus fahren die Taxis weg. Was geht ey, sonst steht ihr doch den ganzen Tag da rum ? OK, bin ich eben losgezogen. Nach ca. 10 Minuten endlich ein Taxi erwischt. Dem Fahrer die Adresse gezeigt, der aber gleich auf nix wissen gemacht und nach Telefon gefragt. Ok ok, dann nehm ich eben mein Telefon und ruf da an. Mit den Leuten gesprochen hat natürlich der Fahrer. Er nickt heftig und sagt, dass er alles verstanden hat und fährt eeeendlich los. Jetzt ist 5 vor drei.
Der Fahrer fährt irgendwie seltsam, ich kenn mich hier überhaupt nicht aus und plötzlich stehen wir im Stau. Und stehen und stehen und stehen. Der Fahrer hat die Faxen dicke und bricht aus. Er hupt alles rücksichtlos aus dem Weg und fährt in eine kleine, sehr schmale Seitenstrasse. Gerade will ich ihn ob dieser heroischen Tat bewundern, bricht echtes Verkehrschaos über uns herein.

Ich komm mir vor wie im Film, wenn die ach so unschuldige, grundsolide amerikanische Familie während des Sonntagsausflugs in die grässlich perfekt inszenierte CIA Falle tappt.

Vor einer Sekunde noch war die Strasse leer und jetzt kommen Autos aus allen Löchern. Innerhalb eines Augenblicks ist alles verstopft und es geht GAR NIX mehr.

Die Chinesen sind ja schon heftig beim Autofahrn. Die fahrn einfach drauf zu. Ist da irgendwo ein Problem, wo man doch besser etwas Abstand hält oder auch mal einen rein-oder rauslässt; nix da, immer druff.
So könnt ihr euch vorstellen, dass in einer engen Gasse, an einer Kreuzung von engen Gassen, es ein gewisses Mass an Geduld erfordert , wenn alle einfach nur drängen und mitten auf der Kreuzung einer, der absolut keinen Plan hat, umdrehen will.
ICH HAB ABER KEINE GEDULD MEHR aaarrglllll ......

20 nach drei ruft mich der Simon, wo ich denn wäre. Ich antworte wahrheitsgemäß, dass ich a) keine Ahnung habe und
b) schon seit geraumer Zeit in einer engen Gasse festsitze. Da muss der Simon lachen und behauptet doch allen Ernstes, dann wäre ich auf dem richtigen Weg. Na du und dein Optimismus ...
10 Minuten später geht es langsam (sehr langsam) weiter. Der Taxifahrer verlangt wieder nach dem Telefon, zum 3. Mal schon und ruft den Kegelladen an. Nach weiteren 10 Minuten entlässt er mich, nicht ohne mich darauf hinzuweisen, dass ich zurückgehen muss, der Kegelladen wäre weiter hinten. Äh ... und warum hast du mich dann nicht weiter hinten rausgelassen ? Ach, was solls ...
Ich lauf ein gutes Stück (ca. 6-7 Minuten zurück) und es trifft mich der Schlag. Aber voll.
Der Kegelladen ist an der Kreuzung an der ich gerade zehn Minuten im Stillstand verbracht habe.
Alles in allem hätte ich bereits seit 25 Minuten drinnen sein können. Ha, do kannsch doch nemmeh ! Und Simon hatte Recht ...

Schwamm drüber, ich bin ja nun da. Wo sind die anderen ? Welche anderen ? Du bist der erste. Äh, oh, hä, was ...
Tatsache, da komm ich ne dreiviertel Stunde zu spät und muss mir anhören, dass ich der erst der zweite bin und dass der Simon auch erst 15 nach drei erschien.

Was war passiert ?
Als ich Freitag Abend frühzeitig gegen 19:30 das Büro verliess waren die anderen noch fleissig am werkeln.
Klar, die kamen auch später als ich (8:25 (ich)) und hatten sogar Mittagspause.
Weils aber richtig spät wurde, hatte der Boss ein Erbarmen und hat die ganze Bagage zum (späten) Abendessen eingeladen.
Das war wohl so lustig, dass man spontan beschloss noch eine KTV Bar (Karaoke) aufzusuchen. Und so endete dieser äusserst harte Arbeitstag erst gegen 2 Uhr morgens.
Der eine konnte daher nicht zum Kegeln kommen weil seine Frau Zoff gemacht, die andere konnte nicht kommen weil ihr Mann Zoff gemacht hat, einer fiel wegen akutem Überalkohol aus und die anderen waren einfach noch nicht soweit.
Und sollten es zum Grossteil auch nicht mehr werden. Hm ... ich glaub da hab ich was verpasst, sollte länger arbeiten ....

So haben der Simon und ich erst einmal ein Spielchen gewagt.
Ne, stimmt nicht. Erst einmal haben wir uns um Bowlingschuhe für mich gekümmert. Cool, die hatten meine Grösse vorrätig.
Unglaublich, die hatten Modelle die mir deutlich zu gross waren. Aber ich hab was passendes gefunden.

Gegen 16.30 liefen dann Victor und seine Freundin ein. Nur 90 Minuten zu spät. Sagen wir mal nix, sind wir grosszügig.

Noch 3 Runden die Kugeln gestemmt und das wars auch schon.
Bier gabs keins, die warn alle noch geschockt vom frühen Morgen und ich wollte ihre Übelkeit nicht überreizen und habe so eben auch aufs Bier verzichtet :-(

 

Sonntag 04.12.2005

War kein richtiger Advent. Hatte weder Kranz noch Kerzen und um ehrlich zu sein, hab vergessen dass Advent ist.
Dafür hatte ich Stress. Wie schon öfter betont, die Putzdame hat mich vor Ewigkeiten verlassen und ich muss selbst ran.

So langsam werd ich echt gut. Statt 2 Tage brauch ich jetzt nur noch 5 Stunden um die Bude auf Vordermann zu bringen.
Ätzend isses aber trotzdem.